Auf den Spuren der extremen Rechten und ihrer semiotischen Gegenwärtigkeit im Bukarester Stadtbild

Anna Marie Zeitler (B.A. Politikwissenschaft, Südosteuropastudien, Öffentliches Recht)

Sprache beziehungsweise Kommunikation ist ein entscheidendes Mittel der Politik. So ist sie selbstverständlich geprägt durch Wettbewerb und die Konfrontation verschiedener Meinungen. In der Öffentlichkeit ist diese Konkurrenz stets zu erkennen, wie etwa in Talkshows, aber auch in Form von Vandalismus im Stadtbild. Gerade die urbane Semiotik erscheint hier wie eine passende interdisziplinäre Ergänzung, die erklären kann, wie politisch über Zeichen kommuniziert wird. Über 10 Tage habe ich eigenhändig nationalistische Zeichen in Form von Graffitis, Stickern, Flaggen und Werbeplakaten beobachtet und in Verbindung mit ähnlichem Forschungsstand gebracht. Eine kurze Erklärung jeweiliger Symbole ermöglicht eine vermutete ideologische Einordnung. So habe ich mich gefragt: Wie ist die semiotische Präsenz der extremen Rechten in Bukarest einzuordnen, gemessen an der Ideologie und deren Ersteller? Um das herauszufinden, habe ich eine von Coșmeleaţă vereinfacht dargestellte Methode genutzt: „For this study, I walked“. So wurden einige Orte bewusst gesucht, einige Sticker aber habe ich spontan entdeckt. Ein Ausschnitt folgt.

Limba este fundamentală pentru comunicarea politică, după cum se poate vedea cu ocazia talk show-urilor care arată poziționarea și confruntările publice ale oamenilor politici. În același timp, dezbaterea politică este vizibilă, de asemenea, în peisajul urban, acolo unde oamenii își transmit convingerile prin intermediul formelor vizuale scrise pe fațadele clădirilor, de exemplu. Cu ajutorul metodei semioticii urbane putem ajunge la înțelegerea si descifrarea acestui tip de comunicare. Timp de 10 zile, cu ocazia unei anchete de teren desfășurată în București, România, am observat semne naționaliste sub formă de graffiti, stickere, steaguri și afișe publicitare. Am realizat astfel, o clasificare ideologică pornind de la o scurtă explicație a simbolurilor întâlnite. Încă de la început, mi-am pus întrebarea în ce categorie semiotică ar trebui integrate mesajele extremei drepte din București, în raport cu ideologia și cu simpatizanții ei? Pe tot parcursul anchetei, am folosit metoda dérive, adică am parcurs pe jos părți centrale ale orașului. Am căutat în mod deliberat unele locuri, dar am descoperit, în mod spontan, și alte părți ale orașului care erau marcate cu slogane de inspirație extremist-naționalistă. Urmează un extras. Uitați-vă mai jos!

Der Extremismusbegriff im normativen Spannungsfeld

Um ein Verständnis für den hier angewandten Begriff der extremen Rechten zu erlangen, soll eine Definition dienen. Zu Beginn ist wichtig zu verstehen, dass Rechtsextremismus ein meist für Westeuropa definierter Begriff ist. Auf südosteuropäische Länder lassen sich einige Konzepte aufgrund von ideologischen Differenzen, auch wenn es viele Überschneidungen gibt, nur teilweise übertragen. Des Weiteren unterliegt der Ausdruck der extremen Rechten einer ähnlichen Kontroversen wie der generelle Extremismusbegriff: Er wird an dem jeweiligen politischen Spektrum und Zeitgeist gemessen. Oft wird auch die Ursache für das Aufkommen des Gedankenguts in Osteuropa anders beschrieben als in Westeuropa: Während hier der Übergang von Industriegesellschaften zu postindustriellen Gesellschaften und Globalisierung als Ursache vermutet wird, wird im Osten Europas eher auf den Systemwechsel von Staatssozialismus zu Demokratie, Marktwirtschaft und dem Streben nach nationaler Identität verwiesen. So ist beispielsweise auch der Antikommunismus für letztere auch gesellschaftlich bedeutender. Coșmeleaţă interpretiert die antikommunistischen Symbole in Bukarest sogar als Ergebnis einer Normalisierung der Einstellung als Folge eines kollektiven Traumas der Bevölkerung durch den sog. Staatssozialismus. Auch die okzidentalistische Grundhaltung und die Ablehnung der Profiteure des Systemwechsels sind elementare Bestandteile. Damit übergeht man aber im Falle Rumäniens eine faschistische Vergangenheit. Antisemitismus, Rassismus, Antifeminismus (häufig biologistisch argumentiert) als Ideologie sollen wegen der stark nationalistischen Ausprägung als „völkisch“ festgehalten werden. Einzelne Aspekte sollen bei näherer Betrachtung der Symbole illustriert werden.

© Anna Marie Zeitler

Sticker 1

Der Aufkleber des Blocul Naționalist fiel mir zufällig auf der Suche nach dem Wahlbüro der Noua Dreaptă auf. Sie besitzen zwar einen Facebook- und Instagram-Account, posten aber erst seit kurzem auf diesen Kanälen. Es bleibt dahingehend zu ahnen, dass es sich um eine neue Gruppierung handelt. Auch der Sticker selbst wirkte neu und unbeschädigt. Misst man den Erfolg und die Größe der Gruppe an ihren Stickern oder anderen Symbolen, so bleibt festzuhalten, dass es der einzige gefundene Aufkleber der Gruppe war. Eine anonymisierte Verbreitung von Inhalten bleibt natürlich nicht auszuschließen. Die Schrift soll vermutlich an Runen, d.h. an germanische Schriftzeichen, erinnern und wird, wie auch die Frakturschrift, gerne von Rechtsextremisten benutzt. Inhaltlich wird der Betrachter zunächst persönlich zum Patriotismus aufgerufen, wodurch die Zugehörigkeit zu einer homogenen Gemeinschaft suggeriert wird. Gemessen daran, dass aber der Begriff der Identität sowie die Glorifizierung von vermeintlichen Nationalhelden undefiniert bleiben, könnten sich auch ethnozentrische Ideen und damit verbundene Abwertung von als fremd empfundenen Menschen dahinter verbergen. Ein gewisser Empfänglichkeitswunsch vor allem für Laien lässt sich aber aufgrund des Interpretationsspielraum der nationalistischen Nachricht vermuten. So versteht sie ein überzeugter, traditioneller Rechtsextremer aber auch ein davon unberührter Bürger. Vor allem die kleine Größe und das schnelle Anbringen machen Sticker zu einem einzigartigen semiotischen Zeichen.

© Anna Marie Zeitler

Sticker 2

Ein äußerst beschädigter Sticker befand sich in der Nähe unseres Hotels. Die Islamfeindlichkeit ist bei meiner eigenen Recherche im Vergleich zum Antikommunismus oder zur Ablehnung sexueller Minderheiten rar geblieben. Die Gleichsetzung von Islam mit Terrorismus entspringt vermutlich einer Generalisierung aller Muslime als islamistische Terroristen. Mit der Aufnahme von Muslimen im Zuge der sog. Migrationskrise habe die Regierung ihre Nation und ihr Land verraten. Der Sticker wurde bereits vor meiner Ankunft aktiv zerstört. Es hingen neben ihm aber noch circa fünf weitere. Auch hier ist die Aussage für jedermann zu verstehen, allerdings kommt noch eine Ablehnung der Regierung hinzu und so eventuell auch der Wunsch, von ihr gehört zu werden. Man könnte auf ein politisches Ohnmachtsgefühl des Erstellers und des Klebenden schließen. In der Hauptstadt, in der auch die Regierung sitzt, wirkt das Anbringen von Stickern wie eine schlüssige Wahl der Protestform gegen ebendiese. Anders als bei dem ersten Aufkleber jedoch, besteht keine Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit Akteuren der extremen Rechten. Eine ausschließlich spontane und ortsunabhängige Platzierung kann ich mir nicht vorstellen. So sind zum Beispiel im Touristenviertel kaum nationalistische Botschaften zu finden.

© Anna Marie Zeitler

Antikommunistische Graffitis

Eine weitere im Stadtbild vertretene Gruppe sind die Fußball-Ultras. Als fanatische Unterstützer verschiedener Fußballvereine kann eine politische Message als Ergänzung der Gruppen erfolgen. Man kann hier auf die (ideologische) Überschneidung tippen, da sowohl Uniţi sub tricolor als auch Honor et Patria zumindest patriotische, wenn nicht sogar ultranationalistische und großrumänische Nachrichten in der Stadt hinterlassen. Letztere ist mir vor allem in Verbindung mit antikommunistischen Graffitis aufgefallen. Honor et Patria bewirbt auf seinem Facebook-Kanal¹ auch eine Veranstaltung bzw. Konzert des Blocul Naționalist, weswegen sich zumindest Nähe zum Gedankengut schließen lässt. Die Künstler werden hier übrigens auch als militant und nationalistisch beworben.

Eine nicht nur politisch, sondern auch semiotisch erkenntnisreiche Beobachtung war die der „Zerstörung“ von Symbolen, die dem völkischen Nationalismus zugeordnet werden können. Es lässt sich ein ganzes Kommunikationsnetzwerk erkennen, das nicht nur räumliche Eigentumsansprüche stellt, sondern diese eben auch verweigert. Wer welchen Raum, welchen Stadtteil, welches Gebäude semiotisch „dominiert“, dem wird politische Bedeutung zugeschrieben.

Wer spricht hier wie und für wen?

Worin sich die illustrierten Beispiele unterscheiden ist die Pro- bzw. Anti-Message. Sich für eine traditionelle Familie einzusetzen muss schließlich nicht zwanghaft bedeuten, dass man eine nicht-heteronormative ablehnt. Nichtsdestotrotz scheinen die Netzwerke unter den Verbreitern dieser Message mit völkischen Nationalisten zu existieren. Die Ausdrucksweise in der Nachricht hat vermutlich nicht unbedingt mit dem Vermittler zu tun, sondern viel eher mit dem gewünschten Rezipienten. Bereits die Illegalität der Graffitis an Wohnhäusern wird wohl kaum ein bürgerliches Milieu ansprechen. Diese Graffitis waren im Stadtbild aber meiner Beobachtung nach deutlich präsenter als etwa rechtmäßig platzierte Plakate oder Flaggen. Insgesamt lässt sich behaupten, dass die Symbole der extremen Rechte in Bukarest weder selten noch unauffällig sind. Sie nutzen eine für jedermann zugängliche Sprache, unterscheiden sich aber vermutlich durch unterschiedliche Ersteller in ihren Inhalten. Die Grundeinstellungen der Verbreiter bedienen sich, so wurden sie schließlich von mir auch ausgewählt, diverser Diskriminierungsformen. Trotz einiger Ausnahmen scheint der völkische Nationalismus und seine Symbole nicht in starker politischer Konkurrenz zu stehen. Die Sprache bzw. die Kommunikation der extremen Rechten in Bukarest ist klar und sie ist laut.

¹ Die beworbene Facebook-Veranstaltung: https://www.facebook.com/photo/fbid=710387674462682&set=a.466984558802996 (abgerufen am 22.09.2023).

Weiterführende Literatur:

Coșmeleaţă, Vlad-Andrei. ““Glued to the city”. Urban semiotics and political ideology in Bucharest’s stickers.” In Journal of Comparative Research in Anthropology and Sociology, 2022: 57-82. (Zitat: 63).

Jesse, Eckhard. “Grundlagen“. In Extremismusforschung; Eckhard Jesse and Tom Mannewitz, 23-59. Baden-Baden: Nomos, 2018.

Stöss, Richard. Rechtsextremismus im Wandel. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, 2010.

Thieme, Tom. “Länderportrait Rumänien“. In Jahrbuch Extremismus & Demokratie (E&D); 33. Jahrgang, 2021: 233-250.

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