Ist Diella ein revolutionärer Fortschritt für Albanien – oder nur eine PR-Show in einem Land, das mit tief verwurzelten Problemen kämpft?
Wer ist Diella eigentlich?
Laut Premierminister Edi Rama ist Diella „eine Helferin aus Zadrima“, die bald bereit sein werde, den Bürgerinnen und Bürgern auf der e-Albania-Plattform zur Seite zu stehen. Und laut Rama sogar „mit nur einem Gebet“.
Ihr Name bedeutet auf Deutsch „Sonne oder Sonnenschein “, und sie soll angeblich Licht in die dunklen Ecken der albanischen Verwaltung bringen.
Als Diella in der ersten Sitzung des neuen albanischen Parlaments vorgestellt wurde, trat sie als digitale Gestalt auf – in traditioneller Tracht aus der Region Zadrima im Nordalbanien. Mit einer synthetischen, ruhigen Stimme sagte sie:
„Beurteilt mich nicht nach meiner Herkunft, sondern nach meiner Funktion. Ich mag kein Mensch sein, aber ich bin verfassungsgemäß, weil ich den Menschen diene, die die Verfassung geschrieben haben.“
Mit diesen Worten präsentierte sich Diella nicht nur als Symbol technologischer Innovation, sondern auch als neuer Akteur im politischen Raum – eine künstliche Stimme, die sich auf die Werte der Verfassung beruft.
Doch während die Regierung darin einen Schritt in Richtung digitaler Zukunft sah, empfanden viele den Moment als politisches Schauspiel.
Was kann sie?
Technologisch basiert Diella auf Microsofts Azure-Cloud und Komponenten von OpenAI. Sie ist ein virtueller Assistent, der:
- Bürger per Sprachbefehl unterstützt,
- Dokumente mit elektronischen Siegeln erstellt,
- und Anfragen an die zuständigen Behörden weiterleitet.
Dabei bleibt sie optional – niemand muss sie nutzen. Außerdem betont die Regierung, dass der menschliche Faktor in allen Prozessen erhalten bleibt. Laut Rama werde sie Albanien dabei helfen, „ein Land zu werden, in dem öffentliche Ausschreibungen zu 100 Prozent frei von Korruption sind.“ Die Vergabe solcher Aufträge ist seit langem eine Quelle von Korruptionsskandalen in Albanien, einem Land, das den Beitritt zur Europäischen Union anstrebt. Rama strebt an, dass das Land bis 2030 Teil des europäischen Staatenbundes wird.
Kampf gegen Korruption oder PR-Stunt?
Ein besonders sensibles Feld in Albanien sind öffentliche Ausschreibungen. Hier soll Diella sicherstellen, dass diese korruptionsfrei und nach objektiven Kriterien auszuwählen sind und Deilla wird vollständig vor Bestechungsversuchen, Drohungen oder anderen Versuchen, ihn zu korrumpieren, geschützt.
Die Erwartungen sind groß. Doch Kritiker sagen: Zu groß. Weil sie hat keine andere Lösungsorientierungen außer hoch qualitative Algorithmen und muss die ganze Zeit mit richtigen Informationen gefüttert werden um richtige Entscheidungen zu treffen. Denn in einem Land, wo viele Institutionen nicht einmal eine funktionierende Website haben, klingt eine KI-Ministerin fast zu schön, um wahr zu sein. Der Kommunikationswissenschaftler Artan Fuga sieht in Diella weniger ein Zeichen technologischen Fortschritts als ein politisches Ablenkungsinstrument. Seiner Ansicht nach diente der Auftritt der digitalen Ministerin vor allem dazu, die öffentliche Aufmerksamkeit von zentralen Fragen zur Legitimität der Regierung abzulenken. Fuga warnt zudem, dass der unkritische Einsatz künstlicher Intelligenz die demokratische Kontrolle schwächen könne – besonders in einem Land, das noch immer um Transparenz und freie Wahlen ringt.
Innovative Zukunft oder politische Inszenierung?
„Algorithmen besitzen kein Bewusstsein, keine Emotionen, kein Gefühl für Gerechtigkeit oder Solidarität“, erklärt Fuga. „Sie können Informationen verarbeiten, aber nicht die moralischen Konsequenzen ihres Handelns abwägen. In dem Moment, in dem technischer Rationalismus über politische Rechenschaft gestellt wird, ist die Demokratie selbst in Gefahr.“ Diella lässt sich zwar nicht mit Geld bestechen, aber sie kann dennoch manipuliert werden – durch Algorithmen oder Hackerangriffe. Es gibt keine klaren Informationen darüber, wie sie gesichert ist und ob sie vor Cyberangriffen geschützt ist.
Ist sie also ein echter Fortschritt? Ein PR-Stunt? Oder beides?
Die Meinungen gehen auseinander – und während Albanien den Beitritt zur EU anstrebt, bleibt die Skepsis groß: Kann ein virtueller Avatar wirklich reale Missstände bekämpfen?