Nexhmije Xhuglini, wie sie vor ihrer Hochzeit hieß, war ein wichtiger Teil der frühen kommunistischen Bewegung Albaniens, sie stand noch vor der eigentlichen Parteigründung an der Spitze einer der Jugendorganisationen. Enver Hoxha lernte sie bei dem Treffen kennen, in dessen Rahmen sie zu einem Mitglied des neuen Zentralkomitees gewählt wurde (diese Position behielt sie bis zum Ende des Kommunismus). Trotz ihrer baldigen Verlobung wurde die Hochzeit auf Nexhmijes Wunsch hin aufgeschoben, bis der Kampf der Partisan:innen gegen die italienische Besatzung im Zweiten Weltkrieg beendet war. Dadurch festigte sie ihre eigene Position innerhalb der Partei noch vor der Veröffentlichung ihrer Verbindung mit Enver Hoxha nachhaltig.
Nach der Eheschließung trat Nexhmije Hoxha jedoch deutlich in den Hintergrund. Selbst in ihren eigenen Memoiren, die sie nach Hoxhas Tod verfasste, stellt sie ihre Leistung als geringer dar, um die ihres Mannes verstärkt hervorzuheben. Das mag ein Grund dafür sein, dass Nexhmije Hoxha in der Forschung bislang wenig Beachtung erfährt.
Sie büßte jedoch keineswegs an Bedeutung innerhalb der Partei ein. Als engste Vertraute des zwischenzeitlich zum Parteichef avancierten Enver Hoxha vertrat sie ihn teils bei wichtigen Veranstaltungen und war sogar bevollmächtigt, seine Anordnungen weiterzugeben, wenn er krank war. Gerade gegen Ende seiner Herrschaft hatte Enver Hoxha mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, wodurch Nexhmijes Rolle als Vertreterin nicht zu unterschätzen ist. In der inneren Dynamik der Partei galt es, ihren Befehlen ebenso Folge zu leisten wie denen Enver Hoxhas.
Neben anderen offiziellen Positionen innerhalb der Partei war Nexhmije Hoxha Direktorin des Instituts für Marxistisch-Leninistische Studien, das für sämtliche Buchveröffentlichungen im Land verantwortlich war. Nexhmije konnte demnach direkt entscheiden, welche Bücher gedruckt werden durften und hatte somit auch Einfluss auf die Ausrichtung des Kommunismus in Albanien. Zusätzlich lektorierte sie sämtliche Bücher ihres Ehemanns und verfasste teilweise sogar ein offizielles Vorwort dazu. Wie groß der Einfluss war, den ihr diese Position gewährte, wird daran deutlich, dass es Nexhmije Hoxha auch nach der Niederlegung ihres Postens bis in die 2010er Jahre weiterhin möglich war, ohne Probleme eigene Bücher – wie etwa ihre Memoiren – zu veröffentlichen.
Spannend wird die Untersuchung von Nexhmije Hoxhas Einflussmöglichkeiten bei der Betrachtung der Nachfolgefrage. Als der Tod Enver Hoxhas durch seine gesundheitlichen Probleme absehbar wurde, übte Nexhmije aktiv Einfluss auf die Auswahl seines Nachfolgers aus. Die naheliegendste Wahl wäre Mehmet Shehu oder Hysni Kapo – die Nummer zwei und drei in Hoxhas Machtgefüge – gewesen. Dennoch wurde schließlich Ramiz Alia als neuer Staatschef bestimmt. Alia hatte aufgrund seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Nexhmije Hoxha im Politbüro der Partei eine enge Bindung zu ihr. Dieser Beziehung verdankte er maßgeblich seinen Aufstieg, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass er sich Nexhmije gegenüber verpflichtet fühlte. Die Verbindung zwischen beiden wurde durch die Hochzeit von Alias Nichte mit Hoxhas Sohn zusätzlich gefestigt. Da Nexhmije Hoxha angesichts des nahenden Todes ihres Ehemanns mit der Notwendigkeit konfrontiert wurde, ihre Stellung zu sichern, erscheint Ramiz Alia aus ihrer Perspektive als geeignetster Kandidat für die Nachfolge. Seine tatsächliche Auswahl wurde jedoch erst durch den Tod von Shehu und Kapo ermöglicht. Während Kapo an einer Krankheit verstarb, beging Shehu unter bislang ungeklärten Umständen Selbstmord. Eine Beeinflussung seines Todes durch das Ehepaar Hoxha konnte bisher nicht endgültig nachgewiesen werden, gilt aber als wahrscheinlich. Unabhängig von einer möglichen Beihilfe – die reine Spekulation bleiben muss – gelang es Nexhmije Hoxha im Anschluss jedoch unbestreitbar, Ramiz Alia innerhalb von wenigen Jahren als Nachfolger für Enver Hoxha zu etablieren und somit auch ihren eigenen Einfluss auf die zukünftige Regierungsführung zu sichern.
Die Machtübernahme nach Hoxhas Tod 1985 verlief relativ reibungslos. Nexhmije Hoxha behielt ihre Position im Zentralkomitee und war somit weiterhin an der politischen Praxis beteiligt. Sie versammelte eine Gruppe von Anhänger:innen um sich, die als Group of the widow bezeichnet wurde und mit ihrem Festhalten am politischen Kurs Enver Hoxhas einige geplante Reformen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Albaniens verhinderte.
Erst mit dem Sturz des Kommunismus im Jahr 1991 sank Nexhmijes politischer Einfluss, er verschwand jedoch nicht völlig. Selbst Alias Nachfolger Sali Berisha mahnte die Bevölkerung in seiner Wahlansprache, den Einfluss der Witwe nicht zu unterschätzen. Mit der Machtübernahme der von ihm geführten Demokratischen Partei wurde Nexhmije Hoxha zu einer neunjährigen Gefängnisstrafe wegen Korruption verurteilt, welche sie nur teilweise absaß. Für die während der Diktatur begangenen Verbrechen – unter Hoxhas Herrschaft wurden bestätigt beinahe 6000 Menschen getötet, das Schicksal von vielen Vermissten ist jedoch bis heute ungeklärt – wurde Nexhmije nie verantwortlich gemacht, obwohl sie in die Politik ihres Mannes eingeweiht war und diese nach eigenen Aussagen vollumfänglich guthieß. Das verhältnismäßig schwache Urteil gegen Nexhmije Hoxha markiert zwar das Ende ihrer politischen Karriere, verdeutlicht jedoch zugleich den zu Beginn der 90er Jahre noch anhaltenden Respekt der Justiz gegenüber einer Hoxha sowie vor allem die mangelnde Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Albanien. Mit einer weiterhin von großen Teilen der Bevölkerung getragenen positiven Sichtweise auf die Regierungszeit Enver Hoxhas, welche eine Studie aus dem Jahr 2016 offenbarte, erweist sich ein angemessener Umgang mit den Beteiligten am damaligen politischen Geschehen noch als schwierig.